Warum Lern-Anwendungen in Virtual Reality besser sind
Virtual Reality ist eine computergenerierte Bilderwelt, in der der Betrachter, im Gegensatz zu herkömmlichen Medien, eine aktive Rolle spielt und innerhalb der virtuellen Realität genau wie in der Wirklichkeit agieren kann.
Bevor wir auf die Rezeption und Wirkung von Virtual Reality eingehen, vergegenwärtigen wir uns, dass wir bei VR von Software bzw. digitalen Inhalten sprechen. Wie durch App-Stores und Streaming-Plattformen bekannt, funktioniert auch die Distribution von sogenannten VR-Experiences per Download aus dem Internet.
Um in digitale Lernwelten abzutauchen, benötigen Studierende oder Bildungseinrichtungen lediglich die notwendige Hardware-Infrastruktur. Ein gängiger Spiele-PC und ein mobiles VR-Headset, ermöglichen bereits für kleines Geld, den Zugang zu einer der vielversprechendsten Lernformen der heutigen Zeit.
Auswirkungen von Virtual Reality auf Wahrnehmung und Gedächtnis
Wenn man VR in den Vergleich mit etablierten digitalen Lernmedien, wie beispielsweise Screen Based Learning stellt, steht neben der Immersion auch ein ganz neues Erlebnis wie Studierende mit dem Computer interagieren. Beispielsweise wird das Ausführen eines chirurgischen Eingriffs in einem virtuellen OP-Saal, annähernd als real empfunden und die Aneignung psychomotorischer Fähigkeiten bekommt eine neue Dimension. Die Möglichkeit, sich wie in der realen Welt, frei im Raum zubewegen, stimuliert gleichzeitig eine Vielzahl an Sinnen
Wie in der obigen Grafik dargestellt, sind herkömmliche Medien (grau) auf die audiovisuelle Ebene beschränkt, wohingegen Virtual Reality (rot) die Aktivierung weiterer Sinne erlaubt. Durch die Erweiterungen immersiver Hardware mit haptischen Handschuhen, Westen und Anzügen, lassen sich alle aufgeführten neun Sinne in die Vermittlung von Lerninhalten einbeziehen. Somit eröffnet VR den Einbezug multisensorischer Stimulation in die Didaktik.
Informationen werden besser verinnerlicht, wenn simultan mehrere Sinne angesprochen werden. Somit bekommt das Gehirn nicht nur mehr gleichzeitige Eindrücke, sondern kann diese nun auch untereinander verknüpfen.
Memorisierungstechniken, wie beispielsweise die Loci-Methode, machen sich diese Mechanismen zunutze. Für eine bessere Abrufbarkeit, werden Informationen Objekten zugeordnet, im Raum verortet und in Handlungssträngen eingebettet. Hierdurch werden Informationen besser vom Kurz- in das Langzeitgedächtnis transferiert. Betrachtet man Virtual Reality im Kontext der Lern-Pyramide, so können des Weiteren aktive und passive Stufen direkt und parallel adressiert werden.
Auch emotionale Reaktionen bewirken, dass das Gehirn bestimmten Informationen eine höhere Relevanz beimisst. Diese Erfahrungen können von abstrakt und unwirklich bis hin zu völlig realistisch inszeniert werden. Berücksichtigt man dies, eröffnen sich bei der Gestaltung von Lerninhalten nie dagewesene Spielräume.
Wie 3D-Visualisierung Zusammenhänge verständlich macht
Praktische und theoretische Problemstellungen werden in Virtual Reality plastisch, denn Lehrmittel wie Bücher und Tafeln entsprechen in der virtuellen Welt räumlich dargestellten Maschinen, dreidimensionalen Blaupausen und logischen Konstrukten, welche in kontext- und problem- bzw. sachbezogener Umgebung veranschaulicht werden.
Visuelle Datenerfassung zeigt Zusammenhänge, die Listen und Tabellen nur schwer entnommen werden können. Auch abstrakte Sachverhalte, werden durch Visualisierung konkreter. Eine intelligent gewählte Darstellung simplifiziert komplexe Problemstellungen und vereinfacht das Erfassen und Lösen signifikant.
Mitarbeitern können Sinnzusammenhänge veranschaulicht werden. Dabei erweist es sich durchaus als motivationsfördernd, wenn der Einzelne Sinn und Kontext seiner Arbeit als unverzichtbaren Teil eines größeren Ganzen versteht und sich dadurch stärker mit seiner Funktion identifiziert.
Gamification als Motivator
Virtualisierte Lernszenarien bieten den Teilnehmer*innen die Möglichkeit, ähnlich wie in Computerspielen, innerhalb eines stufenweisen Fortschritts Schwierigkeitsgrad und Lerntempo zu bestimmen. Die Übertragung bewährter Prinzipien moderner Spiele-Software auf digitale Formen der Wissensvermittlung, wird heute unter dem Begriff Gamification zusammengefasst. Diese verfolgt das Ziel, Anreize und Motivationen, wie Spaß und Competitions, selbst beim Erlernen abstrakter Inhalte, zu schaffen. Erfolgsindikatoren, wie Achievement Points, Highscores und Rewards, fördern den Ehrgeiz der Studierenden. Dadurch bekommt Gamification einen zentraleren Stellenwert, für die Bildung von Nachwuchs.
Studierende und Bildungseinrichtungen erhalten durch konstantes Monitoring und eine objektivierte Beurteilung, jederzeit Einblick in den aktuellen Status. Sie erkennen, dank eingeblendeter visueller Hilfestellung direkt, inwiefern Optimierungsmöglichkeiten im Lernprozess an sich bestehen. Die permanente Erfassung aller Daten, gibt unmittelbar Aufschluss über Lernfortschritt, Tempo und bestehende Defizite, sodass klassische Prüfungen einen anderen Stellenwert erhalten. Die Erfolgskontrolle kann nun unmerklich in die Wissensvermittlung integriert werden. Hemmnisse wie Prüfungsstress entfallen. Kein Auszubildender muss sich mehr scheuen, Fragen zu wiederholen oder sich bereits vorgeführte Abläufe erneut demonstrieren zu lassen. Die exakte Reproduzierbarkeit sämtlicher Lektionen, ermöglicht eine beliebige Zahl an Durchläufen, ohne Zeit und Geduld teurer Lehrkräfte zu beanspruchen.
Wo stößt virtualisiertes Training an seine Grenzen?
Der virtuelle Schulungsraum, geht über die Möglichkeiten der Realität weit hinaus. Er besticht vor allem dadurch, dass prinzipiell sämtliche Räumlichkeiten wie Labore, Schulungsräume und Fertigungsstätten mitsamt allen Materialien, Lernutensilien und Maschinen virtualisiert und zu jeder Zeit, an jedem Ort reproduziert werden können. Den Studierenden steht es frei, Kommilitonen auf stumm zu schalten, sich mit ihrer Lerngruppe in Projekträume oder in virtuelle Separees zurückzuziehen. Sie können Abläufe zurückspulen, überspringen, pausieren oder in Zeitlupe ablaufen lassen und die mit VR einhergehende Multidimensionalität gestattet es, Konzepte, Simulationen und Handlungsabläufe zu versionieren und beliebig oft aufzurufen.
Auch das Lehrpersonal erhält mehr Einsicht und Spielraum als je zuvor. Via Telepräsenz schlüpfen Trainer in die Rolle des virtuellen Dozenten und interagieren mit Lernenden, indem sie Arbeitsschritte demonstrieren, Fragen direkt beantworten und Anekdoten zum Besten geben, ganz genau wie im realen Seminarraum, jedoch ohne physisch zugegen sein zu müssen. Auch Mischformen aus verschiedenen Medienquellen sind denkbar und eröffnen weitere Möglichkeiten. Vorab aufgezeichnete Lektionen, werden interaktiv im jeweils gewünschten Tempo erteilt, Hilfestellungen via Chatbots gegeben und virtuelle Nachhilfelehrer durch Einwählen echter Personen bereitgestellt.
VR-Simulationen bieten eine Spielwiese, auf der Studierende beim Entdecken und Experimentieren, verschiedenste Fertigkeiten und ein umfassenderes Verständnis entwickeln. Stress- und sicherheitsrelevante Trainings sowie Notfallszenarien, können realitätsnah simuliert werden. So werden bereits in der Ausbildung Situationen geboten, in denen wertvolle Berufserfahrung beigebracht und gesammelt werden kann.
Darüber hinaus können teambildende Maßnahmen in unterschiedlichen VR-Experiences durchgeführt werden, bei denen sich die individuellen Stärken des Einzelnen in der Gruppe zu einem Helden-Team ergänzen, ähnlich wie etwa die berühmten X-Men aus der gleichnamigen Comic-Serie.
Welche unternehmerischen Vorteile ergeben sich aus Training in virtuellen Realitäten
Auch, wenn das Angebot an hochkarätigen Lerninhalten bisher überschaubar ist, eröffnen sich durch VR Aktionsräume, die in der Realität nicht abbildbar sind. Ob zur gefahrenfreien Durchführung riskanter Herzoperationen, für den Umgang mit chemischen und biologischen Gefahrenstoffen oder wenn teures Gerät nur selten bis gar nicht für den Lernenden zur Verfügung steht – die Simulation in der virtuellen Realität kompensiert zahlreiche komplexe Szenarien und bietet einen breiten Zugang für mehr Studenten.
Für Unternehmen ist die Möglichkeit, Zukunft schon heute beizubringen und dem Nachwuchs virtualisierte Produkte bereitzustellen, ein wirtschaftlich interessanter Aspekt. Erstmals können Studierende großflächig virtuell an hauseigenen Produkten ausgebildet und Arbeiter schon während der Planungsphase auf Arbeits- und Fertigungsprozesse der nächsten Generation ausgebildet werden. Die perfektionierte Reproduzierbarkeit digitaler Lerneinheiten, erlaubt eine breitere Einbindung der Belegschaft in Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen.
Unternehmensfremde Service- und Fachkräfte, aber auch Studenten in fernen Ländern, profitieren von den Neuerungen modernen VR- Trainings. Daraus ergibt sich eine Win-Win-Situation für Lernende, Bildungseinrichtungen und Unternehmen.
Auch der ökologische Fußabdruck verringert sich, aufgrund hinfällig gewordener Transport- und Reiseaufwendungen maßgeblich. Im Nachgang können besagte VR-Trainings, auch in Zertifizierungs- beziehungsweise Rezertifizierungs- und QM-Maßnahmen, wiederaufbereitet werden.
In gewisser Weise stellt computergestützte Visualisierung auch eine Weiterentwicklung nonverbaler Kommunikation dar, die im Dienste effektiver Wissensvermittlung Sprachbarrieren und kulturelle Unterschiede zu überwinden hilft. Besonders hinsichtlich einer fortschreitenden Globalisierung, ist es für Unternehmen von großem strategischem Interesse, Kenntnisse und Fertigkeiten sprach- und kulturübergreifend vermitteln zu können.
Fazit
Virtuelle Trainingsszenarien ermöglichen Bildungsträgern, aber auch Unternehmen ein skalierbares Bildungssystem. Ein weltweites Ausrollen von Schulungen und Trainern bringt nicht nur weltweit Fachpersonal, sondern auch betriebs- und gesellschaftsökonomische Vorteile mit sich.